37. Deutscher Kongress für Sportmedizin und Prävention
– Prävention durch Bewegung und Sport –

Rotenburg a.d. Fulda, 26. 9. 2001 - 30. 9. 2001


Presseinformation

 

Von wegen freier Wille - "Es sprach Ihr Belohnungssystem"

Donnerstag, 27. 9. 2001

 

Prof. Wildor Hollmann (Köln) sprach über "Gehirn, Geist, Psyche, körperliche Aktivität"

 

(Rotenburg a.d. Fulda). Wie faszinierend eine Reise in die immer noch unzureichend erforschten Welten des menschlichen Gehirns ist, das dokumentierte Prof. Dr. Wildor Hollmann, emeritierter Professor am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Sporthochschule Köln, in seinem fesselnden Plenarvortrag anlässlich des "37. Deutschen Kongresses für Sportmedizin und Prävention" in Rotenburg a.d. Fulda. Der landläufig wegen seiner enormen wissenschaftlichen Reputation als "Deutscher Sportärztepapst" apostrophierte Sportmediziner thematisierte vor rund 400 Sportmedizinern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz den komplexen Sachverhalt "Gehirn, Geist, Psyche, körperliche Aktivität".

Der 76-jährige "Pionier der deutschen Sportmedizin" und Ehrenpräsident des Weltverbandes für Sportmedizin (FIMS) und der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) widmete sich in drei thematischen Zugriffen dem interdisziplinär erforschten Komplex "Das Gehirn, das Organ des Geistes". In erhellenden und brillant formulierten Erkenntnissen machte Prof. Hollmann deutlich, dass das menschliche Gehirn die "komplexeste Struktur im Universum" darstellt. Hinsichtlich der Frage nach der Herkunft des Geistes spricht heute aus wissenschaftlicher Sicht vieles für die "Einheit von Gehirn und Geist". Bei aller noch zu leistenden Bestätigung der bis heute vorliegenden Forschungsergebnisse komme man dem Geheimnis "Geist und Gehirn" jedoch zusehends auf die Spur. Der "Lauschangriff auf die Gehirnzellen" sei spätestens seit 1992 durch Prof. Lackmanns bahnbrechende Forschungsarbeit (Universität Heidelberg, Medizin-Nobelpreis) erfolgreich.

Im ewig sich wiederholenden Kampf zwischen "Verstand" und "Gefühl" seien es die Verbindungsstellen zwischen Nervenzellen im Gehirn, die als das sogenannte Belohnungssystem (Lustsystem) vorrangig ein übergeordnetes Ziel verfolgen. Und das ist die Lebenserhaltung des Individuums mit der Zielvorgabe der Arterhaltung und Fortpflanzung. Überhaupt wird der gesamte Rhythmus, so Prof. Hollmann, von Prozessabläufen im Gehirn vorgegeben. Ganz in diesem Sinne einer vom Gehirn aus gesteuerten Impulsgebung spricht der renommierte Sportmediziner vom Gehirn als dem Entscheidungs-Zentrum, plakativ und populär zusammengefasst in dem Satz: "Es sprach ihr Belohnungssystem".

Was will uns der Wissenschaftler damit sagen? Wissenschaftlich und empirisch erwiesen ist, dass es den freien Willen, so wie wir ihn als Maßstab eines bewusst initiierten Handelns annehmen, nicht gibt. In der Realität ist es das Gehirn, das für das Handeln verantwortlich ist. So verstanden ist das Gehirn eher ein kombiniertes Hardware- und Softwarepaket, das sich permanent ändert und neu strukturiert. Das "Limbische System" mit mehreren Kernen als dem Entstehungsort im Gehirn, in dem sämtliche menschliche Gefühlsäußerungen initiiert werden, und ein augen- und stirnnah gelegener Hirnanteil als Bewusstseinszentrum des gesamten Gehirns stellen wesentliche Gehirnanteile dar. Die Qualität der Vernetzung der Nervenkontaktstellen (jeder Mensch verfügt etwa über 100 Mrd. Nervenzellen (Neuronen)) und die wissenschaftlich erforschte Teilung der Nervenzellen (auch im Hinblick auf das Langzeitgedächtnis) sind wesentlich für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, Fitness und die Gesundheit des Menschen. Anhand von Langzeitstudien konnten Prof. Hollmann und wissenschaftliche Teams in aller Welt nachweisen, dass sich bei körperlicher Bewegung die Nervenzellen teilen. Körperliche Bewegung (dynamisch, nicht statisch) ist also ein Stimulus für das Zellwachstum. So bringt bereits Klavierspielen, bei dem nur zwei Prozent der Körpermasse bewegt werden, eine Steigerung der Durchblutung von bis zu 60 Prozent des Gehirns um bis zu 30 Prozent.

So gipfelten die frei und mit Sachkompetenz und Engagement vorgetragenen Ausführungen in der Botschaft, dass körperliche Aktivität und das Erlernen von Gehirn- und Gedächtnisfähigkeiten (Brain-Training) die Durchblutung und den Stoffwechsel des Gehirns steigern, was Stimmung, Schmerzempfindung und Lebensqualität messbar verbessert. Gerade bei Menschen jenseits der 50 lässt die Funktionalität des Kurzzeitgedächtnisses nach. Über gezieltes Gehirn-Jogging könne dem Verlust von Erinnerung aktiv entgegengewirkt werden. Noch eine Erkenntnis gab Prof. Wildor Hollmann den Sportmedizinern in der Rotenburger MEIROTELS-HALLE mit auf dem Weg: Es gibt ein männliches und ein weibliches Gehirn. Man müsse geschlechtsspezifisch differenzieren. Die Frau verfügt z.B. über 33 Prozent mehr an rhetorischen Zentren im Gehirn. Von daher sei es für den Mann ziemlich ausweglos, jemals einen ehelichen Disput erfolgreich zu bestreiten, so Prof. Hollmann abschließend. Die 400 Kongressteilnehmer belohnten den Nestor der deutschen Sportmedizin mit lang anhaltendem Applaus.

Weitere Informationen zum Kongress über das "Pressezentrum des 37. Deutschen Kongresses für Sportmedizin und Prävention" (Meirotels-Halle, Heinz-Meise-Straße 96, 36199 Rotenburg a. d. Fulda, Tel: 06623-88-1644, Fax: 06623-88-1670, e-mail: presse.dgsp2001@uni.de).

Gesamtprogramm (Kongressführer) unter http://www.dksp2001.de und http://www.sportmedizinkongress.de

Thüringer Sportärztebund - Lehrstuhl für Sportmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen

Kongresskomitee: Prof. Dr. Paul E. Nowacki, Gießen (Vorsitz), Prof. Dr. Karl-Hans Arndt, Erfurt (Stellv.), Med.-Rat Dr. Eberhard Greiner, Gotha (Industrieausstellung), Priv.-Doz. Dr. Gerd Hoffmann, Frankfurt am Main (Öffentlichkeitsarbeit)


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Zuletzt aktualisiert am 01.10.01 15:30:38
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